Sprechen statt Schweigen

Vorab möchten wir darauf hinweisen: Es ist Ihr gutes Recht, niemandem von Ihren Gewalterfahrungen zu berichten. Für viele Betroffene ist dies ein Teil ihrer persönlichen Verarbeitung. Jede Person sollte selbst für sich entscheiden, ob und wann sie sich bereit dazu fühlt, sich jemandem anzuvertrauen.

Wenn Sie selbst betroffen sind, gibt es jedoch wirklich gute Gründe dafür, über Ihre Erfahrungen zu sprechen:

Rechte im Asylverfahren

Wenn Sie betroffen sind, gelten Sie als besonders schutzbedürftig. Ihnen stehen deshalb im Asylverfahren bestimmte Rechte zu:

Laut der EU-Asylaufnahmerichtlinie ist die Betroffenheit von sexualisierter Gewalt ein Grund dafür, dass Ihnen eine besondere Schutzbedürftigkeit zugesprochen wird.

  • Das betrifft Personen, „die schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben“ (Art. 21 EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU).
  • In diesem Video wird erklärt, was besondere Schutzbedürftigkeit bedeutet: https://www.youtube.com/watch?v=5CyLFbYIIIY
  • Die besondere Schutzbedürftigkeit kann ein Grund für einen Schutzstatus im Asylverfahren sein und sich damit auf Ihr Asylverfahren auswirken.
  • Sie haben das Recht auf Anhörung durch eine*n Sonderbeauftragte*n für Opfer von Folter und traumatisierte Personen.
  • Sie haben das Recht auf eine angemessene, an Ihren Bedürfnissen orientierte Unterbringung.
  • Sie haben das Recht auf eine angemessene medizinische und psychologische Behandlung, z.B. in einem Psychosozialen Zentrum für Geflüchtete und Folteropfer.
  • Um Ihre Rechte nutzen zu können ist es wichtig, dass Sie jemandem berichten, dass Sie sexualisierte Gewalt erlebt haben.
    • z.B. in Ihrer Anhörung im Asylverfahren
    • z.B. in einer psychosozialen oder rechtlichen Beratungsstelle
  • Bei den Refugee Law Clinics finden Sie Unterstützung dabei, Ihre Rechte einzufordern:

Psychologische oder therapeutische Unterstützung erhalten

Oft steht am Anfang einer professionellen Beratung oder Therapie die Stabilisierung und die Bewältigung von Alltagsproblemen. Auf lange Sicht kann es jedoch ein sehr wichtiger Schritt für die eigene Bewältigung sein, über die Gewalterfahrung zu berichten. Folgende Aspekte können dabei unterstützende Erfahrungen sein.

  • Die Wahrnehmung, dass eine andere Person ihre Geschichte und sie persönlich ernst nimmt
  • Das Gefühl, nicht mehr alles ganz alleine tragen zu müssen
  • Ihre eigene Stärke zu erfahren: Sie haben es überlebt, und jetzt schaffen Sie es sogar, darüber zu erzählen
  • Zu merken, dass Sie ganz real nicht alleine sind mit Ihren Erfahrungen: andere Männer* haben auf ähnliche Weise Gewalt erfahren
  • Unterstützung dabei zu erhalten, mit den eigenen Emotionen umgehen zu lernen
  • Zu lernen, wieder eine vertrauensvolle Beziehung zu einem anderen Menschen aufzubauen
  • persönliche Ressourcen zu entdecken

Kontaktmöglichkeiten für Betroffene

Uns ist es ein Anliegen, dass Betroffene, die von ihrer Gewalterfahrung berichten oder sich dazu austauschen möchten, auch die Möglichkeit dazu bekommen. Wenn Sie selbst betroffen sind und darüber berichten wollen, finden Sie hier Informationen dazu, auf welche Weise das geschehen kann.

 

Psychosoziale Beratung

In Deutschland gibt es mittlerweile einige Einrichtungen, in denen geflüchtete Menschen psychosoziale Unterstützung erhalten können, und die sich auch mit der Thematik der sexualisierten Gewalt gut auskennen. Im Bereich „Kooperationspartner“ gibt es eine Liste mit möglichen Anlaufstellen und Ansprechpartner*innen. Hierbei handelt es sich um Einrichtungen, bei denen wir sicher sind, dass sie mit dem Thema vertraut sind. Wenn sich eine dieser Einrichtungen in Ihrer Wohnortnähe befindet, können Sie dort vorstellig werden. Leider ist die Versorgung von Geflüchteten in Deutschland an vielen Stellen noch nicht ausreichend, und oftmals müssen Sie einige Zeit warten, bis ein Platz frei wird. Je früher Sie sich dort anmelden, desto früher erhalten Sie einen Platz.

Zu den Kooperationspartnern

Kontakt mit dem Team  

Sie können direkt mit uns in Kontakt treten und von Ihren Erfahrungen berichten. Das ist jederzeit über E-Mail möglich – in diesem Fall versuchen wir, innerhalb von 7 Tagen auf Ihre Nachricht zu reagieren. (Nachrichten auf Deutsch oder Englisch beantworten wir zeitnah, bei anderen Sprachen kann es etwas länger dauern.) Oder Sie kontaktieren uns über den Live-Chat, der einmal in der Woche für eine Stunde besetzt sein wird (Termin folgt). Hier ist die Kommunikation vorerst nur auf Deutsch und Englisch möglich. Nutzen Sie gerne auch diese Option, um uns von Ihren Erfahrungen zu berichten, oder stellen Sie uns Ihre Fragen – wir werden versuchen, sie zu beantworten oder Sie an die entsprechende Stelle weiter zu verweisen. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir keine Beratung oder Therapie anbieten können.

 E-Mail schreiben

Interview

Sie können mit uns ein Interview zum Thema sexualisierte Gewalt gegen Männer* zu führen. Wenn Sie selbst betroffen sind und gerne jemandem von Ihren Erfahrungen berichten wollen, können Sie uns kontaktieren. Wir geben Ihnen dann zusätzliche Informationen und versuchen, zeitnah einen Termin für ein Interview zu finden. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir keine Beratung oder Therapie im Anschluss anbieten können.

Kontakt aufnehmen

Fragebogenstudie   

In einer aktuellen Studie wollen wir mehr über das Thema „Sexualisierte Gewalt gegen Männer* im Kriegs- und Vertreibungskontext“ erfahren. Für diesen Zweck haben wir einen Fragebogen entworfen, den Sie als Betroffener ausfüllen können. Weitere Informationen dazu finden Sie im Bereich „Studie“. 

Zur Studie